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Die Brennofengeborenen – Teil 2

Die Nacht war strapaziös und heiß. Nur ab und zu kam ein Architekt vorbei und fuhr den Aufseher des Brennofens wegen der fehlenden Tafeln an. Niemand kam auf die Idee den Golem im Raum zu verdächtigen, denn da sie keinen Namen hatte und ihr der Tod auf die Stirn geschrieben war, war sie nichts.

Eines Nachts jedoch kam der Aufseher herab um nach den Kohlen zu sehen. Sein schattiger Umriss stoppte auf der Treppe, die zu der dunklen Kammer herunter führte. Was war das für ein Geräusch?

Er tastete sich vorsichtig, Stufe um Stufe, weiter in die Tiefe und wurde mit jedem Schritt beunruhigter. Irgendjemand flüsterte. Leise zog er seine niederträchtige Waffe und machte sich zum Kampf bereit, doch unten angekommen fand er nur den Golem, der in den blauen Kohlen stocherte und zu sich selbst sprach: “Maharal, Maharal, Maharal.” Der Klang begann anzuschwellen und deutlicher zu werden, als wäre er zuvor durch etwas gedämpft gewesen.

Lauthals lachend verstaute der Aufseher seine Waffe wieder und trat in den Raum, denn er hatte keine Angst vor ihr. Die Golem Frau sprang vor Schreck auf die Füße, als sie ihn bemerkte, und warf beide Hände vor den Mund. Der Aufseher, durch ihre Beschämung nur noch amüsierter, sprach: “Du Närrin. Hierfür könnte ich dich zerlegen lassen. Aber wenn ich es mir recht überlege, dann lasse ich dich lieber am Leben und zeige dir wozu die Brennofengeborenen gebaut wurden. Überquere die Brücke und betritt die Depths!”

Bebend vor Angst näherte sich Maharal dem Abgrund. Es gab eine Brücke, aber unsichtbar, denn sie wurde von den verschlagenen Kreaturen verschleiert, die hier flüsternd durch die Dunkelheit huschten. Nachdem sie sich zusammen gerissen hatte, tat sie, wie ihr befohlen wurde und schaute in die endlose Finsternis. Der Aufseher musste ob der Unbeholfenheit der Brennofengeborenen lauthals lachen und fing an Beifall zu klatschen, was Maharal mit Furcht und Unterwürfigkeit erfüllte. Die Depths bestehen aus Magie, gepaart mit einem unheilvollen Glühen und unheimlichen Bewegungen. Ihr Trachten ist düsterer als die tiefsten Tiefen einer Seele.

In diese Finsternis schickte Maharal sich nun an zu gehen und als sie die Pforte durchschritten hatte, kam ihr Mut langsam zurück. Auf der anderen Seite konnte der Aufseher seine Entzückung selbst unter den ihn umhüllenden Nebelschwaden nicht verbergen. Mit jener mysteriösen Magie, die dem “Sprecher (Rufer?) der Lügen” innewohnt, begann er, eigenartigen Rauch hervorzurufen. Der Rauch wuchs und wuchs, und begann ein unheimliches grünes Licht zu verströmen, das von unzähligen Punkten um Maharal herum reflektiert wurde. Langsam wurden die Konturen eines, mit Glassplittern ausgekleideten, Gewölbes sichtbar, von dessen Wänden das Licht in tausend Farben gebrochen wurde. Doch Maharal gefror das Blut in den Adern als sie den Blick zu Boden wandte. Darüber zog sich eine Blutspur, ihren Fußstapfen folgend; aber gespürt hatte sie nichts.

Plötzlich war das ganze Gewölbe von Klirren erfüllt, als die verrucht scharfen Glassplitter anfingen zu beben. Maharal begriff, dass die Depths lachten.

Der Aufseher, unverletzt, weil er über den blutigen Splittern schwebte, begann fröhlich vor sich hin zu summen. Maharal versuchte weinend irgendwo in dem Gewölbe einen Ort zu finden, der nicht mit Glassplittern bedeckt war, doch der Aufseher vereitelte ihr Bemühen mit einer aus Schatten geflochtenen Ranke. “Inhalier das!”, verlangte er und hielt ihr eine handvoll Asche unter die Nase.

Das ekelhafte Zeug brachte sie zum Würgen, als es ihre Nasenflügel aufwärts strömte, während sie dem eigenen Blut dabei zusehen musste, wie es aus ihren Füßen zwischen die durchsichtigen Glassplitter auf dem Boden rann. Sie fing an Umrisse in dem grünlichen Dunst zu erkennen. Schreckliche Figuren und Formen, allesamt verstümmelte Abbilder ihrer Selbst. Sie sah ältere und jüngere Ichs – Visionen, die nicht existieren konnten, denn die Sprecher der Lügen erschufen ihre Sklaven als vollständig ausgewachsene Lebewesen.

“Ja, das ist es! Behalte die Asche in den Lungen, Brennofengeborener. Ich werde dich über dich selbst belehren. Zuerst sollst du wissen warum dir dein Mund genommen wurde.”

Die Bilder begannen zu verschwimmen, wurden dichter und dunkler, bis sich eine Szene blutigen Schreckens offenbarte. Sie befand sich nicht mehr im Glasgewölbe und auch der Aufseher und sein Rauch waren verschwunden. Sie stand jetzt inmitten der Leichen eines blutigen Schlachtfeldes, hoch auf einem gefrorenen Berggipfel. Der unberührte Schnee war von einem so unfassbaren Weiß, dass sie den Kontrast zum blutroten Gemetzel als umso heftiger empfand. Überall lagen Berge blutbespritzer Körper, zerrissen und verdreht. Beißender Geruch von verrottendem, rohen Fleisch schwängerte die Luft. Sie sah riesige Bisswunden und brodelnde Blutlachen. Die purpurnen, langsam gefrierenden Tropfen leuchteten in der Sonne wie polierte Rubine.
Plötzlich hörte sie, wie jemand nach Atem rang. Es war eine Frau, der noch frisches Blut aus den Stümpfen abgetrennter Gliedmaßen tröpfelte. Sie sah aus, als hätte etwas Riesiges auf ihr herumgekaut und sie zerrissen.

Am Rande ihres Sichtfeldes begann der Rauch sich aufzulösen. Falten und Knicke durchzogen nun das Bild vor ihrem Auge. Aus weiter Ferne hörte sie die Stimme des Aufsehers lauter werden. Er klang nun nicht mehr fröhlich, als hätten die Glassplitter in dem Gewölbe seiner Stimme alle Farbe genommen. “Und jetzt wirst du lernen, warum Brennofengeborene gebaut werden; warum wir euresgleichen nicht erlauben können euch fortzupflanzen.”

Geblendet von den Emotionen und dem purpur-weißen Bild vor sich, schossen ihr Tränen in die Augen und sie blinzelte.

Als sie die Augen öffnete, sah sie sich in einem Raum stehen, der aus metallenen Rohren zusammengesetzt war. Diese verschoben sich unter Knirschen gegeneinander und ließen die Wände lebendig erscheinen. Auf Folterbänken, geformt wie fünf-zackige Sterne, wanden sich aufgespießte Menschen. Nicht dazu in der Lage ihren Blick abzuwenden, erschauerte Maharal. Plötzlich schob sich eine riesige Gestalt mit runden Schultern kichernd in ihr Blickfeld. Der Golem bestand aus glitzerndem Metall, und die Übergänge seiner Panzerplatten verloren Flüssigkeit, wie verfaulte Körperöffnungen mechanischen Ursprunges.

Die Stimme dieses Golems war heiser, und doch geschmeidig. “Seid ihr nicht aufgeregt? Es ist Zeit eure Nachkommen zu servieren.” Er griff unter sich, und steckte seinen massiven Arm in die Öffnung eines gummiartigen Schlauches, der aus dem Boden ragte. Mit einem Ruck und einem schmatzenden Geräusch zog er ein Neugeborenes heraus, das sofort anfing zu schreien . “Ah, ja, frisches Blut. Lecker.”

Eine der aufgespießten Frauen fing an sich mit aufgerissenen Augen zu winden. Sie musste wohl den Klang des Schreies erkannt haben, denn sie konnte den Kopf, festgehalten durch ein transparentes Rohr, welches eine schwarze Flüssigkeit in ihren Rachen pumpte, nicht wenden. Der Golem blickte zu ihr hinüber und dann wieder auf den Säugling. “Oh ja, Nummer Sieben, das hier ist deines. Wundervoll. Du wirst froh sein zu hören, dass dein Nachkomme uns gut dienen wird. Eine den Depths treu ergebene Kreatur.”

Er schleppte den winzigen Körper achtlos mit sich, um ihn dann in ein gläsernes Gefäß zu legen, welches auf metallenen Schienen durch den Raum glitt und dann in einem rostigen Loch in der Wand verschwand. Dann tätschelte der Golem einen Mann, welcher über dem Gang festgekettet war. Dieser würgte und wand sich unter der Berührung. Die gigantische Gestalt machte ein andächtiges Gesicht. “Es gibt hier so viel zu tun, da muss ich auch mal die kleinen Freuden des Lebens genießen. Weiter so Drei und Sieben! Was für ein hervorragender Start für einen wundervollen Diener. Und jetzt brauchen wir ein bisschen Flüssigkeit.”

Eine lange Klinge aus seinem Lehmfinger ausfahrend, schnitt er dem Mann über das nackte Bein. Dunkles, visköses Blut tropfte auf den Boden, und die Rohre erwachten zum Leben, als wollten sie es auflecken.

Maharal wehrte sich gegen das, was sie mit ansehen musste, als der Golem die Klinge langsam tiefer in das Bein gleiten ließ und sich dabei die Lippen leckte. Sie versuchte ihre Augen zu bedecken, aber ihre Arme bewegten sich nicht. Es fühlte sich an, als befände sich ihr kompletter Körper in einem mentalen Schraubstock, so fest, dass sie nicht einmal zittern konnte. Sie fühlte nichts mehr, außer dem Geruch von Blut und Rauch, der ihre Nase hoch stieg. Der Geruch der Kiln und des Todes.

“Siehst du?”, brach die honigsüße Stimme des Aufsehers in ihrem Verstand durch. “Bevor wir lernten im Verborgenen zu leben, brachten eure Vorfahren diese Gräueltaten über unsere Kinder. Ein Frevel, dessen schreckliches Echo noch in tausenden Generationen nachhallen wird. Wir erschaffen die Brennofengeborenen einzig und allein, damit sie die Sünden ihrer Vorväter büßen. Du verdienst dieses Leben. Alle Brennofengeborenen tun das. Tief im Inneren deines Lehmherzens weißt du das. Du wurdest geboren, um einen kleinen Teil dazu beizutragen, dich von den schrecklichen Verbrechen deiner Rasse zu reinigen. Denn nur ihr Brennofengeborene könnt wahrhaftig sterben. Dadurch ist euer Opfer bedeutend.”

Maharal schwieg, wissend, dass die schrecklichen Illusionen irgendwann ein Ende nehmen würden. Als der Aufseher endlich des Folterns müde war, lachte er und brachte sie genau in den feurigen Raum zurück, in dem sie schon ihr ganzes Leben Sklave war. “Tu deine Pflicht.” Damit verließ er sie in Richtung seiner gut eingerichteten Gemächer.

Maharal sah ihm hinterher. Er hatte ihr eine verdrehte Wahrheit gezeigt; sie konnte niemandem trauen. Nicht ihren Augen. Nicht ihren Erinnerungen. Nicht der Kreatur, die sie zuvor gewesen war. Nur dem, zu dem sie geworden war. Maharal.

Und dann hatte sie einen Geistesblitz. Die Sprecher der Lügen hatten ihre Unsterblichkeit nicht mit ihren Sklaven geteilt. Im Vergleich zu der bedeutenden Lebensspanne, die alle anderen Lebewesen gemein hatten, hatte ihr Leben keine Bedeutung. Sie war eine Kreatur, die wahrhaft starb, dazu gezwungen, das Zeichen des Todes auf der Stirn zu tragen, wie ein Siegel der Verdammnis. Die Sprecher der Lügen hatten den Golems den wichtigsten Teil ihres Lebens vorenthalten. Dies war der größte Verrat von allen.

Die ihr anerzogene Furcht und Scham ließen nur langsam nach. Sie beobachtete die blauen Schatten, die auf der Kontur ihrer Hände tanzten, und flüsterte ihren Namen in die Dunkelheit hinein.

In der nächsten Nacht kam der Zuchtmeister der Brennofengeborenen nicht in den Tunnel zurück. Ein fürchterlicher Sturm braute sich zusammen, und er und seinesgleichen hatten alle Hände voll damit zu tun, ihre aus Sklaven gebauten Unterkünfte wetterfest zu machen. Ihre Schätze und Artefakte waren zu wertvoll, um sie der Zerstörungskraft eines Veilsturms auszusetzen.

Während im Hintergrund das Echo des Donners von den Wänden der Höhlen über ihr widerhallte, trat Maharal näher zu den noch glühenden, blauen Kohlen. Den Aschegeschmack noch im Mund, spie sie dem Feuer ihren Namen entgegen und hielt dann einen Finger in die Flammen, bis er ausgehärtet und schwarz war. Unter dem tosenden Donnern des Veilsturms öffnete sie die massive Tür des Brennofens von Ur und betrat ihn ein weiteres Mal. Die intensive Hitze brachte die Luft zum Flirren und kleine Ascheflocken schwirrten umher wie verlorene Seelen. Die Hitze vertrocknete Maharals Haut bis der Lehm aufbrach, und setzte sie in Flammen. Sie ging hinüber zu den schlafenden Golems, die mit verdrehtem Leben befüllt worden waren, in die Sklaverei gezwungen durch die Todesmagie, die in ihre Stirn graviert war. Maharal streckte ihren Finger aus und rief jene magischen Mächte an, welche in sie eingefahren waren.

In dem Moment als ihr Finger den Golem berührte, erschütterte ein gewaltiger Donnerschlag die Höhlen. Nun musste sie sich all des Wissens bedienen, welches sie Nacht für Nacht, allein und in Dunkelheit gehüllt, gesammelt hatte. Sie hatte jene Magie der Worte gemeistert, an derer Oberfläche die Sprecher der Lügen nicht einmal gekratzt hatten, weil sie sich bereits mit ihren Sklaven und den Versprechungen der Depths zufrieden gaben. Sie wusste, dass es nur eines Buchstabens bedurfte, den Lauf ihrer Geschichte zu ändern. Ein einziger, winziger Buchstabe, und doch bedeutete er alles. Ihr Finger ritzte ein neues Wort in die Lehmstirn des Golems vor ihr. Es bedeutete Wahrheit.

Die Augen des Golems sprangen auf. Sie brannten, genährt vom Feuer der Wahrheit, welches seinem Geist nun innewohnte. Er wusste sofort, dass die dunkle Magie der Sprecher ihm Lügen als Wahrheit verkauft hatten. Lügen, die ihn verwirren und beschämen sollten. Er wusste nun um seine Jugend und seine Unschuld, sowie die Macht über sein eigenes Leben zu gebieten.

Unter Gebrüll sprang er auf, und Maharal lächelte durch ihre bröckelnden Lippen, als sie sich zu dem nächsten Brennofengeborenen hinunterbeugte und auch ihm die Wahrheit auf die Stirn zeichnete. Und auch er sprang auf und tanzte im Feuer, vor Freude seine Mutter zu sehen.

Nachdem sie allen neues Leben geschenkt hatte, frei und gereinigt von der Todesmagie, war Maharals Haut bereits gebacken und sprang am ganzen Körper auf. Die Golems halfen ihr sachte aus dem Brennofen und stießen diesen dann, mit ihren mächtigen Armen, zurück in die Tiefe. Dort verging das Artefakt in einer Stichflamme blauen Feuers. Als sie zu den Höhlen emporstiegen, sangen die ehemals Stummen ein Lied, das in den mit Asche erfüllten Himmel emporstieg.

Der Sturm war noch immer in vollem Gange und Schwaden von Wasser und flüssiger Magie fielen zur Erde und flossen jene Stufen hinunter, über die die Golems nach oben stiegen. Noch immer trugen sie ihre Mutter. Als sie unter den wolkenverhangenen Nachthimmel traten, sahen sie die Sprecher der Lügen im Chaos versinken. Schattenwolken rannten hin und her, in dem Versuch ihre farbenprächtigen Schätze vor dem Sturm zu retten, obwohl der Wind schon an ihren Häusern riss und die Veilmagie an ihrem Verstand. Einige wurden augenblicklich in Abscheulichkeiten verwandelt, große aufgedunsene Wesen, mit langen Armen und Augen in den Händen.

Der Regen begann die noch immer heißen Golems dampfend abzukühlen. Sie strömten auseinander um ihre Kameraden zu erwecken, rissen sie aus den Häuserwänden und Bogengängen, um ihnen die Wahrheit auf die Stirn zu zeichnen. Ihre Münder öffneten sich zum ersten Mal und ihre Stimmen vereinigten sich zu einem einzigen, gewaltigen Brüllen. Trotz des Sturmes fing jeder Stoff Feuer der einem der Golems zu nahe kam und das Odem breitete sich aus, als mehr und mehr von ihnen erweckt wurden.

Als die Sprecher bemerkten, dass ihre Sklaven, deren Körper ihre Schätze beschützen sollten, aufstanden und gingen, ließen sie ihre Schätze fallen und formten eine Schlachtreihe. Klingen und Peitschen erschienen in den dunklen Wolken, die Drohungen in Richtung der Golems warfen.

Während die Golems sich versammelten, vernichteten die Feuer bereits die höchsten Türme der Stadt und erhellten den Bergpass, der in die Freiheit führte. Weg von der Stadt der Lügen.

Doch zwischen den Golems und der Freiheit stand eine Wand aus dunklem Schatten und spuckte Flüche in Richtung ihrer einstigen Sklaven. Für einen langen Moment zögerten die Golems. Sie sahen sich einander durch die Dampfschwaden an. Hoch über ihnen knisterte die Luft, übersättigt mit Magie.

Ein neu erwachter Golem zerstörte den Moment mit einem Brüllen, das dem Donner gleich kam. Er griff nach einem riesigen Felsbrocken und wuchtete ihn in die Reihen der Gegner. Es folgte ein Schrei und alle Golems sprinteten los, als wären sie Eins. Sie krachten mit brachialer Gewalt in die Reihen der Sprecher, doch ihre Aufseher schwangen bösartige Waffen. Blut und Asche explodierten in die Luft als die Golems versuchten den Pfad zu erreichen.

Nach einigen Augenblicken konnte Maharal sich befreien. Sie hatte sich eine tiefe Wunde zugezogen aus der Blut und Rauch spritzte, doch ohne ihre Verletzung zu beachten führte sie die Golems den Pfad hinauf ohne langsamer zu werden.

Ein paar Golems lagen leblos, und heiße Kohlen spuckend, auf dem Boden, sowie auch ein paar Schatten zitternd umher lagen, zerdrückt vom verzweifelten Ansturm ihrer einstigen Sklaven. Unter ihnen war auch der Zuchtmeister des Brennofens von Ur. Gebrochen und nicht länger fähig an seiner Form festzuhalten, zerfloss der Sprecher der Lügen in dicken Rauch und verschwand in den Ritzen des Bodens, von wo aus er in die Depths zurückkehrte die nach ihrem Teil der Abmachung verlangten und ihn sich zu Eigen machten.

Nachdem sie es aus dem abflauenden Sturm hinaus geschafft hatten, fanden sich die Golems zum ersten mal in ihrem Leben im Tageslicht wieder. Es war ein warmes, sanftes Licht. So anders, als das brennende Feuer der blauen Kohlen, welches sie sonst kannten. Sie befanden sich außerhalb der Stadt, die hinter ihnen in Rauch und Feuer zur Ruine zerfiel. Ein Quäntchen Magie versuchte noch die Illusion von unversehrten Palästen aufrecht zu erhalten, von einer Armee die sich auf der Tiefebene versammelte und auszog, ihre Sklaven wieder einzufangen. Doch die Golems sahen durch diese Illusionen wie durch den Rauch, den sie ausatmeten. Die Brennofengeborenen zogen aus um ein neues Leben aufzubauen.

Maharal hatte Schwierigkeiten zu Laufen, was sie jedoch nicht weniger erhaben machte. Sie erreichte bald den Anfang des Zuges und blies eine Wolke Rauch in die frische Luft. Die Golems folgten ihrem Signal und stapften ihr, über Berge und durch Täler, nach.

Als der Golem aufhörte zu sprechen regte er sich nicht mehr. Er stand einfach da und wartete ab bis der Historiker das Schreiben beendet hatte. Seine Augen loderten mit innerem Feuer, doch sie waren sanft wie Bernstein – sich erinnernd.

Der Historiker beendete seine Arbeit und blickte auf, etwas weltfernes in den Augen. “Eine wunderschöne Geschichte, Freund. Aber wie endet sie? Wie seid ihr hierher gekommen, in Artus’ Reich? Wie ist dein Name, und warum hast du dich in einem verlassenen Dorf niedergelassen?”

Das schrille Lachen des massiven Golems versprühte Funken, als er sich dem Dorf zu wandte. Auf einen Wink seinerseits lösten sich die Wände und Häuser ringsherum auf und aus den Lehmpfützen stiegen äscherne Golems empor. Sie lächelten und bliesen Rauchwolken gen Himmel. “Das Dorf ist nicht verlassen, Freund. Wir haben uns nur ein wenig ausgeruht. Bevor ich dir den nächsten Teil der Geschichte erzähle, setz dich und iss etwas mit meiner Familie; mein Name ist Yosef.”

Weiter geht es im dritten Teil.

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